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Warum es in Zürich eigentlich keine Eisheiligen geben darf

Wer im Mai den Wetterbericht verfolgt, stösst früher oder später auf die sogenannten Eisheiligen: Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und die kalte Sophia. Diese fünf Heiligen gelten im Volksglauben als Bringer der letzten kalten Tage im Frühjahr – mit spätfrühstlichen Frösten, die angeblich auch Mitte Mai noch möglich sind. Auch wenn die Meteorologie diesen Mythos längst relativiert, lebt er in vielen Regionen der Schweiz weiter. Nur: In Zürich dürfte es die Eisheiligen eigentlich gar nicht geben.


Die Eisheiligen und die Kirche

Die fünf Namen stammen aus dem katholischen Heiligenkalender und wurden über Jahrhunderte hinweg liturgisch verehrt. In vielen katholischen Regionen – besonders in der Innerschweiz, im Tessin und in Teilen Deutschlands – haben sie bis heute ihren Platz im Brauchtum.

Nicht so in Zürich.


Zürich, Zwingli und die Reformation

Seit der Reformation von 1524 und dem Wirken von Huldrych Zwingli ist Zürich offiziell reformiert. Mit dem reformatorischen Bruch wurden nicht nur Kirchenbilder und Messen abgeschafft, sondern auch die Heiligenverehrung. Statt vieler Heiliger galt fortan nur noch einer als Mittler: Jesus Christus.

Die Kalender der reformierten Kirche führten keine Namenstage mehr, keine Prozessionen zu Ehren der Eisheiligen, keine öffentlichen Gebete um gutes Wetter. Der Glaube an Bonifatius und Co. wurde zur "Papistenängstlichkeit" erklärt – oder schlicht belächelt.


Aber warum halten sich die Eisheiligen dennoch?

Der Mensch liebt Muster. Wenn es Anfang Mai plötzlich nochmal kalt wird, greifen viele lieber zum Begriff "Eisheilige" als zu komplexen meteorologischen Erklärungen über Nordlagen, Tiefdruckgebiete und Strahlungsverlust in klaren Nächten.

Und vielleicht steckt auch eine stille Nostalgie darin. Eine Erinnerung an alte Kalender, an Grossmutters Gartentipps oder an das Bauernjahr, das sich nach ganz anderen Regeln richtete als unsere heutige Meteorologie.


Fazit

Zürich hat seine Heiligen abgeschafft – und trotzdem wird jedes Jahr im Mai über die Eisheiligen gesprochen. Vielleicht, weil sie weniger mit Glaube als mit Gefühl zu tun haben. Und weil auch ein reformierter Garten frieren kann.

Wer die wahren Stadtheiligen von Zürich kennenlernen möchte, dem empfehlen wir eine unserer Altstadtführungen mit Fokus auf Felix, Regula und Exuperantius. Ganz ohne Frostgefahr.



 
 
 

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