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Christoph Froschauer: Buchdrucker, Rebell – und Wegbereiter der Reformation in Zürich

Aktualisiert: 3. Aug.

Wer heute durch Zürichs Altstadt schlendert, kann an der Froschaugasse oder beim Predigerplatz noch Spuren einer Persönlichkeit entdecken, die Zürichs Geschichte entscheidend geprägt hat: Christoph Froschauer.Er war der erste Zürcher Verleger von europäischem Rang – und seine Druckerei wurde zum Schrittmacher der Reformation.

Doch der Mann hatte nicht nur Bücher im Sinn: Er war Gastgeber des legendären „Wurstessens“ von 1522 – einem Akt, der Zürichs religiöse Landschaft für immer verändern sollte.


🧑‍🏫 Wer war Christoph Froschauer?

Christoph Froschauer wurde um 1490 in Bayern geboren. Um 1515 kam er nach Zürich, um beim Drucker Hans Rüegger zu arbeiten. Nach Rüeggers Tod heiratete Froschauer dessen Witwe, übernahm den Betrieb und wurde 1519 als Bürger von Zürich aufgenommen – eine grosse Auszeichnung.


Er machte Zürich zum Zentrum des reformatorischen Buchdrucks - die eigentliche Technologie-Zentrale Zürichs:


Über 700 Werke verliessen seine Werkstatt, darunter Schriften von Zwingli, Luther, Erasmus, sowie Chroniken und wissenschaftliche Werke.


📍 Wo stand Froschauers Druckerei?

Froschauer arbeitete zunächst in der Offizin von Hans Rüegger, vermutlich in der Nähe der Kirchgasse.

Ab 1528 verlegte er seinen Betrieb in das ehemalige Barfüsserkloster am Predigerplatz, wo er mit mehreren Pressen eine große Werkstatt betrieb.

1551 kaufte er ein Teil des ehemaligen Frauenklosters St. Verena – an der heutigen Froschaugasse – wo er seine Druckerei bis zu seinem Tod im Jahr 1564 weiterführte. Noch heute erinnert die Inschrift am Haus am Predigerplatz daran:

„Hier wirkten der Buchdrucker Christoph Froschauer und seine Nachfolger von 1551 bis 1591.“

Hier wirkten der Buchdrucker Christoph Froschauer und seine Nachfolger von 1551 bis 1591.
Hier wirkten der Buchdrucker Christoph Froschauer und seine Nachfolger von 1551 bis 1591.

🥩 Das „Wurstessen“ von 1522: Der stille Aufbruch

Am 9. März 1522, dem ersten Fastensonntag, lud Christoph Froschauer einige Freunde und Mitarbeitende zum Abendessen ein. Auf den Tisch kamen: Würste – mitten in der offiziell verordneten Fastenzeit.

Unter den Gästen war auch Huldrych Zwingli, der selbst keine Wurst ass, aber das Geschehen aktiv unterstützte. Er wollte nicht durch Provokation, sondern durch das Wort wirken – und tat genau das:


📜 „Von Erkiesen und Fryheit der Spysen“ – Zwinglis erste Reformationsschrift

Wenige Tage später, am 23. März 1522, veröffentlichte Zwingli seine erste große reformatorische Schrift:

„Von Erkiesen und Fryheit der Spysen. Von Ergernus und Verböserung. Ob man Gwalt hab, die Spysen zuo etlichen Zyten verbieten.“

Darin argumentiert er:

  • Der Christ sei frei in der Wahl seiner Speisen.

  • Kein biblisches Gebot zwingt zum Fasten.

  • Geistlicher Zwang in weltlichen Fragen sei unrecht.

  • Es sei besser, Wurst zu essen aus ehrlichem Gewissen, als zu fasten aus Furcht oder Heuchelei.


Diese Schrift war mehr als eine theologische Abhandlung – sie war das erste reformatorische Manifest Zürichs.


Von erkiesen und fryheit der spysen
Quellenangabe

Zwingli, Ulrich: Von erkiesen und fryheit der spysen : Von ergernus vn[d] verbösrung. Ob man gwalt hab die Spysen zuo etlichen zyten verbieten. Getruckt zuo Zürich : [Christoph Froschauer d. Ä.], [um 1522]. Zentralbibliothek Zürich, 18.421,2, https://doi.org/10.3931/e-rara-2787 / Public Domain Mark


📚 Werke aus Froschauers Werkstatt

Neben Zwinglis Schriften druckte Froschauer:

  • Die Zürcher Bibel von 1531 – reich illustriert, sprachlich stilbildend.

  • Die Chronik von Johannes Stumpf.

  • Werke von Konrad Gessner, dem Begründer der modernen Zoologie.

Insgesamt produzierte er über eine Million gedruckte Exemplare.


Quellenangabe
Quellenangabe

Die gantze Bibel. Getruckt zuo Zürich : bey Christoffel Froschouer, im Jar als man zalt 1531. Grossmünster Zürich, gescannt durch ZB Zürich, Online, https://doi.org/10.3931/e-rara-7469 / Public Domain Mark


🏛️ Vom Drucker zum Medienkonzern: Das Erbe Froschauers

Nach Froschauers Tod 1564 übernahm sein Neffe, Christoph Froschauer der Jüngere, den Betrieb bis 1585. Danach wechselte der Verlag mehrfach den Besitzer, blieb aber bestehen.

Der direkte Nachfahre des Froschauer-Verlags ist heute Orell Füssli – bekannt für:


  • Fach- und Sachbücher

  • Schulmedien

  • Sicherheitsdruck (Banknoten, Pässe)

  • Landkarten


Ein Unternehmen mit über 500 Jahren Geschichte – begonnen mit beweglichen Lettern und einer warmen Wurst.


📊 Historischer Überblick – kompakt zusammengefasst

Thema

Details

Geboren

um 1490 in Bayern

Nach Zürich

ca. 1515

Bürgerrecht

1519

Erste Druckerei

bei Hans Rüegger (Altstadt)

Zweite Druckerei

ab 1528 im Barfüsserkloster, Predigerplatz

Neuer Standort

ab 1551 im Haus an der Froschaugasse

Wurstessen

9. März 1522 – Auftakt zur Zürcher Reformation

Zwinglis Schrift

„Von Erkiesen und Fryheit der Spysen“ (1522)

Gesamtausstoß

über 700 Titel, rund 1 Mio Exemplare

Tod

1564 in Zürich

Nachfolger

Neffe Christoph Froschauer II., bis 1585

Betrieb bis

ca. 1591

Heute

Orell Füssli AG – direkter Nachfahre der Froschauer-Druckerei


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